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Wie sinnvoll sind Gold-Preisprognosen in US-Dollar?

09. Juli 2014, 13:11 Uhr

Freie Analysen

Wer kennt nicht im Italo-Western den Klang eines auf dem Tresen klirrenden US-Silberdollars, wenn Django im Saloon einen Whisky bestellte. Umlaufmünzen bestanden damals zum Großteil aus Silber. Heute wird Geld auf Knopfdruck elektronisch als Buchungssatz erzeugt – die Papiergeldflut nimmt jeden Tag zu und  die Kaufkraft des Geldes stetig ab. So verlor der USD verlor seit 1913 mehr als 95% seines Wertes. Kann man als Anleger dieser Entwicklung entgehen?

Als Orientierung für den Anleger hat sich in der Vergangenheit die Verknüpfung von Aktienindex Dow Jones Industrial und Goldpreis erwiesen. Der Dow Jones Industrial Index im Verhältnis zum Goldpreis – beide in USD bewertet – zeigte als Ratio in der Vergangenheit drei steigende Hochpunkte und bislang zwei fallende Tiefpunkte. Dies gibt vielen Analysten Anlass zu der Vermutung, dass diese Ratio in den kommenden Jahren erneut auf einen Wert < 2 fallen dürfte.

Ratio_Gold_Dow

Derzeit liegt diese Dow Jones Gold Ratio bei 12,87. Da beide Größen relativ zu einander berechnet werden, verbleiben de facto zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten, um zu dem vermuteten Wert 2 zu gelangen. Beispielhaft wähle ich deshalb für Sie drei mögliche Entwicklungs-Szenarien aus:

(a) der Goldpreis bleibt bei 1.320 USD und der Dow Jones Industrial fällt auf 2.640

(b) der Goldpreis steigt auf 2.640 USD und der Dow Jones Industrial fällt auf einen Wert von 5.280

(c) der Goldpreis steigt auf 8.500, während der Dow Jones Industrial bei 17.000  verbleibt

Versuchte man als Anleger diese Grundüberlegungen in reales Handeln umzusetzen und investierte  20.000 USD zu je 50% in den Dow Jones und zu 50% in Gold, ergäben sich bei den geschilderten Varianten folgende Bewertungen:

Investment 20.000 $

Gold

Dow Jones

in USD

Gewinn/Verlust

Wertentwicklung in %

Variante (a)

1.320

2.640

11.553

-8.447

-42,2%

Variante (b)

2.640

5.280

23.106

3.106

15,5%

Variante (c)

8.500

17.000

74.394

54.394

272,0%

Investments in Gold scheinen lukrativer als Aktienanlagen. Das Portfolio schwankte bei den vorgegebenen Annahmen zwischen 11.553 USD und 74.394 USD im Zeitablauf, doch sagt dies noch gar Nichts darüber aus, was Sie mit diesen USD zu späterem unbestimmten Zeitpunkt kaufen könnten. Diese Fragen sind ohne einen Exkurs in die “Geld-Vergangenheit“ kaum zu beantworten. Geldtheoretisch hatten wir mit Unterbrechungen im 20. Jahrhundert noch goldgedeckte Währungen, in welchen eine Geldvermehrung an strenge Regeln geknüpft war. Mit dem Ende der Goldeinlösungspflicht in den USA durch Präsident Nixon im August 1971 wurde diese Regel für die Weltwährung US-Dollar aufgehoben, was bereits zu einem starken Goldpreisanstieg auf über 800 USD in den Jahren 1980/1981 führte.

Selbst bis Ende der 80er Jahre gingen noch viele handelnde Wirtschafts- und Finanzleute von einer eher kontrollierten = begrenzten Geldvermehrung aus, weil sie dies als geldpolitischen Leitgedanken über viele Jahrzehnte verinnerlicht hatten. Dies hat sich in den letzen 30 Jahren signifikant geändert. Durch viele Lockerungen im Finanzsektor – u.a. der nahezu abgeschafften Mindestreserve der Banken [zu hinterlegen bei der Bundesbank] und der zügellosen Giralgeldschöpfung durch die Banken stiegen die Geldmengen deutlich schneller als die Bruttosozialprodukte.

Infolge der Verschmelzung von Banken und Investmentbanken entstanden nicht nur immer größere Banken-Konglomerate als systemrelevante Größen. Die größten Institute zeichnen auch für 85% der weltweit offenen Derivate-Positionen verantwortlich – im Volumen 10x größer als das Welt-GDP – ein schwer einzuschätzendes systemisches Risiko bei Ausfall schon nur eines Kontrahenten.

Im Ergebnis scheinen so die Zentralbanken zunehmend die Kontrolle über die Geldmenge verloren zu haben. Bei seinem Vortrag bei der Stresemann-Gesellschaft am 10. Mai 2014 in München gab Professor Stark [ehemaliger Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank und ehemaliger Vizepräsident der Deutschen Bundesbank] unumwunden zu, dass “die Zentralbanken weltweit – einschließlich der höchsten Chargen und fachkundigsten Experten – komplett jede Kontrolle und jeden Überblick über die Lage verloren haben [Quelle: http://quer-denken.tv/index.php/485-professor-stark-finanz-und-geldsystem-im-blindflug].“

Parallel sind die Zinsen gegen Null gesunken, was in der Sprache des Kapitals heißt, dass die Preise für Geld gegen Null tendieren. Diese Entwicklung bevorzugt die Schuldner und benachteiligt die Sparer. So entgleitet dem kapitalistischen System zunehmend eine wichtige ordnungspolitische Säule. Die Lenkungsfunktion der Preise wird unterhöhlt und bewirkt Fehl-Allokationen von Kapital, weil der Zins als kaum noch wirksame Wettbewerbskomponente ausfällt.

Was hat das mit dem Goldpreis zu tun? Wenn die Preise vieler Güter/Leistungen aufgrund ausufernder Geldmengen zu steigen beginnen, parallel aber die realen Masseneinkommen seit Jahren in vielen Ländern rückläufig sind, dann führt dies dazu, dass der Lebensstandard sinkt und sich Menschen immer weniger leisten können. Wer sein Geld vor Wertverlust schützen will [Realverlust auf dem Sparbuch 1,5% p.a.], der muss nicht nur überlegen, wie er die Kaufkraft seines Geldes erhalten kann, sondern auch, wem er [Unternehmen, Banken, Versicherungen] seine Geldmittel anvertraut?  

Angesichts einer parabolisch steigenden weltweiten Verschuldung und begrenzter natürlicher Ressourcen rückt eine Schuldenrückzahlung von Staaten in immer weitere Ferne. Schulden von Staaten werden immer in Prozent des BIP = Bruttoinlandsprodukt gemessen. Eine Schwelle von 60% gilt bereits als bedrohlich, doch liegen heute bereite viele Staaten nahe an der 100%-Marke. Können sich die Regierungen nicht mehr weiter verschulden – und diese Entwicklung ist durchaus absehbar, dann werden sie zunehmend versuchen, ihre Bürger in Anspruch [Regress] zu nehmen.

Die Währungsreform im Jahre 1948 sah vor, dass Bargeld und auch Sparguthaben zum Kurs von 100 RM [Reichsmark] in 6,50 DM umgetauscht wurden – eine massive Abwertung der Sparguthaben. Jedoch wurden Aktien oft zum Nennwert 1:1 umgestellt;  also erlitt ein Anleger kaum Werteinbußen. Hätte ein Anleger die goldgedeckte DM [bis 4. Aug 1914] als Goldmark behalten – die Mark war mit 0,3584 g Gold bewertet = definiert], dann entspräche der Wert dieser Goldmark heute dem Wert von 21,91 DM – einer realen steuerfreien Verzinsung  von 3,13% über die 100 geschichtsträchtigen Jahre. Übrigens war auch der Golddollar ab 1900 an den Goldpreis gebunden – er entsprach im Wert 1,504632 g Gold.

Fazit: Es läuft vor unseren Augen das größte globale geldpolitische Experiment der Weltgeschichte ab. Es gibt zu diesem Experiment wenig historisch vergleichbare Bezugsgrößen. Gold und Silber dürften – wie es die Wirtschaftsgeschichte seit Jahrhunderten lehrt –  relativ zu anderen Anlagegütern weiter im Wert steigen.

Natürlich sind so Goldpreise von 2.500 USD und Silberpreise von 80 USD in den nächsten Jahren vorstellbar, denn der von den verantwortlichen Politikern, Notenbanker und Bankern verteidigte Status Quo wird sich nicht aufrechterhalten lassen. Die Bedeutung des USD als Weltwährung dürfte weiter schwinden – das Weltwährungssystem eine Neuordnung erfahren.

Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die USA bei massiver USD-Schwäche gezwungen wären, einen “Domestic Handelsdollar“ für die Abrechnung des persönlichen Konsums in den USA einzuführen. Ausländische Anleger müssten sich wohl mit einem deutlich niedriger bewerteten “Finanz-Dollar“ für ‘Papier-Assets’ begnügen. Über das mögliche Verhältnis von beiden Größen möchte ich nicht spekulieren. Daraus folgten natürlich auch gesplittete Preise für reale Güter und eher papiergehandelte Güter [COMEX etc.].

Doch wie gesagt: es läuft das größte globale geldpolitische Experiment der Weltgeschichte ab – mit ungewissem Ausgang.

Mit freundlichen Grüßen,

Wolfram Hasenkamp

Dipl. – Volkswirt / Economist

Financial Advisor

wolfram.hasenkamp(at)t-online.de

 

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